Zum Tode von Willi Luh 

von Christian Vogel, Vorsitzender der Vereinigung für Heimatforschung in Vogelsberg, Wetterau und Kinzigtal

Unsere Region trauert um eine der großen prägenden Persönlichkeiten ihrer Geschichtsforschung. Im Alter von 90 Jahren ist in der Nacht auf den 28. August 2017 in Büdingen der Ehrenbürger der Stadt Willi Luh verstorben, der 45 Jahre lang als Vorsitzender des Büdinger Geschichtsvereins amtiert hat und in dieser Zeit 17 stattliche Bände der „Büdinger Geschichtsblätter“ herausgab. Nach dem Tode seiner Frau, die als seine engagierte Assistentin in Erinnerung geblieben ist, hatte er zu seinem 85. Geburtstag seine Ämter in jüngere Hände gelegt, erfreute sich aber bis zuletzt geistiger Frische.

Willi Luh wurde sein Lebensweg nicht in die Wiege gelegt. Am 31.10.1926 in Großen Linden bei Gießen als eines von fünf Kindern eines Eisenbahners geboren, musste er 1940-46 fast täglich die weite Wegstrecke nach Friedberg hinter sich bringen, um auf der Aufbauschule das Abitur ablegen zu können. Unterbrochen wurde dieser Schulbesuch durch den Einzug zur Wehrmacht, der dem 18-jährigen am 10.04.1945 - als der Krieg in der Heimat schon fast zwei Wochen vorbei war - in Erfurt als Flakhelfer noch durch Granatsplitter eine schwere Kriegsverwundung an Kopf, Armen und Händen (KB 70%) einbrachte. Mit Zähigkeit verfolgte der Heimkehrer seine Ziele weiter. Es folgten Abitur, Studium der Germanistik, Geschichte, Philosophie und Anglistik an der Universität Frankfurt und das Studienreferendariat in Gießen. Seine erste Stelle trat er 1954 in Büdingen am Wolfgang-Ernst-Gymnasium an, wo er eine ganze Generation von Schülern geprägt hat. Dort wurde er 1980 Studiendirektor und zuständig für die Ausbildung von Studienreferendaren, den künftigen Lehrern. Dies führte wiederum zur Berufung Luhs als Leitender Schulamtsdirektor im Schulamt für den Main-Kinzig-Kreis in Hanau. In dieser herausgehobenen Position ist er 1990 in den Ruhestand gegangen. Stolz blickte er auf 4 Söhne mit Hochschulstudium.

Büdingen wurde Luhs zweite Heimat und der Einsatz für die Geschichte von Stadt und Land der zweite Schwerpunkt seines Lebens. 1966 übernahm er, in der Nachfolge der großen Erforscher der Geschichte der Region Karl Heuson und Peter Nieß, den Vorsitz des inzwischen 111 Jahre alten Büdinger Geschichtsvereins, der während seiner Amtszeit von 150 auf 400 Mitglieder anwuchs. Jährlich organisierte er ein großes Programm mit Vortragsveranstaltungen und Exkursionen. Als Herausgeber der "Büdinger Geschichtsblätter" hat er seit 1966 die Bände 6-23 erscheinen lassen. Das von ihm mit ins Leben gerufene und bis zur Abgabe des Vorsitzes im Geschichtsverein geleitete "Heuson-Museum im Rathaus" hat während seiner Amtszeit mehr als 150 Sonderausstellungen präsentiert und mehr als 800 000 Besucher gesehen (ein Viertel davon Jugendliche). Jahrzehntelang hat er sich im Museum als weitgehend seinem zweiten Wohnsitz zusammen mit seiner Frau unermüdlich eingebracht und dort auch in seinen letzten Jahren noch mitgewirkt. Wie er in seiner Abschiedsrede sagte, setzte er weiter auf die Verwirklichung seines Lieblingsprojektes, eine "Museumsinsel" aus "Heuson-Museum im Rathaus", "Uraltem Rathaus von 1400" und der seit 1990 geöffneten "Historischen Schmiede Schmück".

Zahlreiche Ehrungen wurden Willi Luh zuteil. Er erhielt das Verdienstkreuz am Bande der Bundesrepublik Deutschland, den Ehrenbrief des Landes Hessen und die Ehrenbürgerschaft der Stadt Büdingen und wurde bei der Abgabe seines Amtes als Vorsitzender des Büdinger Geschichtsvereins in einer großen Feierstunde dessen Ehrenvorsitzender.

Seine außergewöhnlich großen Aktivitäten im Amt des Vorsitzenden des zentralen Geschichtsvereins der Ysenburger Lande strahlten weit über die Grenzen von Büdingen aus. Er wirkte engagiert mit im Hessischen Museumsbeirat und im Hessischen Museumsverband sowie im Denkmalbeirat des Wetteraukreises. Eine besondere Rolle spielte er stets in der „Vereinigung für Heimatforschung in Vogelsberg, Wetterau und Kinzigtal“. Er war deren Großer Alter Mann und Motor.

Joachim Cott, heutiger Erster Vorsitzender des Büdinger Geschichtsvereins und Leiter des Heuson-Museums, betont den überragenden Anteil Luhs an der Bewusstwerdung des historischen Büdingens. Mit seiner Arbeit als erster Vorsitzender des  Geschichtsvereins und Leiter des Heuson-Museums hat Willi Luh wesentlich zur ständigen Verbesserung der historischen Bildung beigetragen. Viele Blickwinkel in der historischen Erkenntnis wurden erst durch ihn geöffnet. Beispielhaft dafür ist seine Arbeit über die Geschichte und Kultur der Juden in Büdingen. Seine Schaffenskraft und Zähigkeit, sich für die Geschichte Büdingens einzusetzen, waren immer bewundernswert und sind wegweisend. Büdingen hat einen großen Kämpfer für die Geschichte verloren.

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