Altstadt

Schlossgasse und Altstadt bilden den Kern der historischen Stadt. Das Areal wurde von der Stadtmauer von 1353 und den beiden Armen des Seemenbaches  umschlossen, seine Ausdehnung beträgt 150 x 120 Meter. Indem man die meisten Gebäude in Giebelstellung zu den Straßen errichtete, erzielte man eine hohe Baudichte.
In der Altstadt hatten Handwerker und Landwirte ihre Häuser mit Stallungen und Scheunen (Ackerbürger), was heute noch gut zu sehen ist. Neben vielen Häusern finden sich Durchfahrten zu einem Hinterhof und den Nebengebäuden. Zum Teil finden sich noch Wappenzeichen der Berufe an den Häusern.

Dr. Walter Nieß:
Mit den gegen die Straße gestellten Giebeln ergibt sich das typische Bild einer mittelalterlichen einförmig ausgerichteten Siedlung. Heute noch erkennbare Objekte dieser Entwicklung sehen wir in den Häusern der ehemaligen Besitzer Wagner, Schmück und Müller auf der Westseite der Straße „Altstadt“. Im Osten sind die Beispiele Throm, Albert, Appel und König zu nennen. Durch das Ansteigen der Bevölkerung und die Vergrößerung der Familien kommt es zu Erbteilungen, wonach einzelne Häuser real in zwei Besitztümer geteilt werden. Hier entstehen Wohnstätten von zwei Familien, wo vorher nur eine gewohnt hat. Dabei wurden logischerweise alle Winkel und Durchfahrten im ersten Stock überbaut, weil der Bauraum in der eingemauerten Stadt begrenzt war. Dabei kam auch eine Traufstellung mancher Häuser zur Straße zustande, die man vorher zur Einheitlichkeit der Ansicht weitgehend vermieden hatte. Dies wird an den Bauten der Familien Bube und Kalbfleisch besonders deutlich.
Zu Beginn des 16. Jahrhunderts werden die Häuser hauptsächlich aus Holz erbaut, also Fachwerkhäuser, die auf einem ca. 1,0 Meter hohen Buntsandsteinsockel aufsitzen, was wir heute noch an der Altstadtschmiede Schmück sehen können. Aufgeschreckt durch verschiedene große Stadtbrände in Deutschland sehen sich die Büdinger Grafen veranlasst, ebenso wie die umliegenden großen Städte, im Jahre 1485 eine erste Feuerordnung zu erlassen. Darin wird dem Steinbau das Wort geredet und die Viehzucht in der Stadt stark zurückgedrängt, denn die meist noch mit Stroh gedeckten Scheunen bilden einen nicht zu verkennenden Gefahrenpunkt. Beim Ausbruch der Mainzer Stiftsfehde 1461/62 und den Verheerungen von Mainz und Siedlungen in der Umgebung stellte ein Mitglied der Büdinger Grafenfamilie quasi den Auslöser dar. Büdingen musste also gewärtig sein, in den Krieg einbezogen zu werden, musste Vorsorge vor einer möglichen Flächenbrandgefahr in der Stadt treffen. Dies sehen wir in der Anlage von Verordnungen zu reinen Steinhäusern, der Einführung von Brandmauern, Schornsteinen und vor allem der Abschaffung der Strohdächer. So entstehen in Büdingen eine ganze Reihe reiner Steinbauten.
Interessant ist, dass 1654 in Büdingen Tiroler Maurer auftauchen, die unter dem Maurermeister Wolf arbeiten. Sie bieten die Spezialarbeit des Außenputzes der Fachwerkbauten an, was auch mit dem Hinweis auf den Feuerschutz des Putzes gut ankommt und von den Büdinger Bürgern fleißig in Anspruch genommen wird. Die markanten Büdinger Fachwerke werden durch den Fassadenputz verdeckt. Dabei verschwinden die „Andreaskreuze“, „Feuerböcke“ und „Rundstreben“, die durch die Vorschrift entstanden, dass das so genannte Füllholz des Fachwerks, also Balkenstücke zwischen Trage- (waagrechte) und Ständerhölzer (senkrechte) aus dem Kronenholz der Eichen oder Buchen gemacht werden soll. Durch den Fassadenputz wird die Atmung des Holzes unterbunden und Fäulnis begünstigt, mithin schon damit der Untergang des Fachwerks vorbereitet und die schönen Fachwerkfronten waren fast vollständig verschwunden. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts beginnt dann eine Freilegungsaktion.

Quelle: Dr. Walter Nieß: Die Büdinger Altstadt, Büdinger Häuserbuch III. Band, Geschichtswerkstatt Büdingen 2009.

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