Neustadt 4
Peter Nieß 1943/44:
Das Haus besteht aus zwei Teilen. Ein alter Teil, die Südseite mit zwei Drittel der Größe; und ein neuer Teil, der nördliche Teil, von einem Drittel des Hauses. Entsprechend hatte es im Süden ein steiles Satteldach, zum Teil mit stehenden, vorne liegenden Stühlen im Dachboden und kleinen Fenstern, deren Riegel auf Pfosten sitzen. Der neuere Anbau hat liegende Stühle, die allerdings im 19. Jahrhundert verändert wurden. Damals wurde auch die große Gaube aufgebaut.
Im Erdgeschoß waren ursprünglich Schaufenster mit Rundbögen, die eine beachtenswerte Biedermeierfassade erbrachten, die allerdings in der Neuzeit in große Schaufenster verändert wurden. Bei Umbau wurde ein Fund von Münzen alter Art gemacht.
Walter Nieß:
Kurzbericht über den Büdinger Münzfund von 1961 bei dem Umbau Kaufhaus P. Weil.
Aus den bisher hierüber findbaren Nachrichten wird deutlich, dass es damals trotz umfangreicher Bemühungen nicht machbar war, eine Veröffentlichung dieser wichtigen Geschichtsfacette von Büdingen in den Geschichtsblättern festzuhalten. Der Fund der Münzen, die offensichtlich in einem Tongefäß vergraben waren, wurde, wie aus Fotos ersichtlich, kurz unter dem Niveau des Hausganges bei Arbeiten an der Wasserleitung gefunden und wenig beachtet, da die Münzen durch einen Presslufthammer zerstreut waren und nach Nachforschungen Interessierter erst langsam zum Vorschein kamen, um dem Hauseigentümer zugestellt zu werden. Sie wurden in Frankfurt von Fachleuten begutachtet und dem Verkauf zugeführt. Es dürften zirka 54 Münzen gewesen sein, wie Fotos zeigen. Eine Katalogseite des Versteigerungs-Kataloges gibt als Ausrufwert von 21 Stücken, rund 5000,- DM an. Nach dem Eindruck von Peter Nieß, handelte es sich um eine Notvergrabung eines Kaufmannes kurz vor dem Dreißigjährigen Krieg (1618-1648). Ein Auszug aus der Versteigerungsliste gibt folgendes Bild über die Herkunft des Geldes:
Golddukat aus Aachen (Unikat bisher nicht bekannt!) 1582
Golddukat König Rudolf II. v. Böhmen 1576-1612
Dito Brandenburg-Franken – Albreht Akibiades 1464 – 86
Dito Schwalbach 1486 – 95
Dito Bremen 1517 – 85
Dito Frankfurt/M. 1530 – 60
Dito Kleve Wilhelm V. 1539 – 92
Dito Köln Hermann IV. v. Hessen 1480 – 1508
Dito Salentin von Isenburg 1517 – 77
Dito Mainz, Johann II. v. Nassau Ebh. 1397 – 1419
Dito Metz, Karl v. Lothringen 1550 – 74
Dito Ostfriesland, Edzard II. und Johann von Rietberg 1566 - 91
Aus diesen mageren Zufallsdaten kann man jedoch schon Schlüsse auf den Vermögenswert und die Verbindungen des Besitzers dieses Hauses, eines Kaufmannes oder Handwerkers in der Neustadt von Büdingen, ziehen. Interessanter Weise wohnten nach den neusten Forschungen des Verfassers in den Nachbarhäusern die bekannten Büdinger Steinmetzmeister Konrad Büttner, Jost Scherff, und Hans Raab, die als „Renaissance Kapitalisten von Büdingen“ zu gelten haben.
Quelle: Dr. Walter Nieß