Neustadt 37, Fürstenhof

Der Fürstenhof ist ein palaisartiger Bau über hohem, massivem Sockelgeschoss von 1735 mit einer repräsentativen Freitreppe. Auffallend sind die reichen Hausteinarbeiten und das ornamentierte Fachwerk mit Rhombenbrüstungen und genasten Streben. Das Erdgeschoss wurd teilweise verändert.

Quelle: denkmalpflege-hessen.de

 

Peter Nieß:
Frühere Poststation in Büdingen mit Verbindungen nach Frankfurt am Main. Rechtseitiges Sandsteinportal zum Kino (bis 2016) ist neuerer Natur, als separater Eingang bei Aufkommen der Lichtspiele entstanden, die in dem später angehängten Saalbau an dem Vorderhaus entstanden waren.
Das Lokal wurde 1733 im so genannten „Graben vor der Unterpforte“ unter der Regierungszeit des Ernst Kasimir I. zu Ysenburg und Büdingen (1687-1749) mit dessen Genehmigung errichtet, der Name „Fürstenhof“ muss allerdings erst mit der Fürstung des Grafen Ernst Kasimir III.  (1781- 18852) entstanden sein.
Im Jahre 1733 entstanden auf dem Platz des heutigen Lokals einige Bauwerke. Dazu musste die Stadt Büdingen einen „Platz vor dem Untertor, den sogenannten „Vakanten-Platz, da ehemals ein Cruzifix und einige Heiligenstöcke gestanden hatten“ auf Anordnung des Stadtrates und des Schultheißen Meierhoff an den gräflichen Oberförster H. Kalkhof angeben. Dieser wollte dort ein Wohngebäude errichten. Nach eingehenden Protesten der Büdinger Bürgerschaft kam es allerdings erst 1755 zu einem Vertrag zwischen Herrschaft und Bürgerschaft Büdingen, wonach hier auf dem „Vakanten-Platz“ ein städtisches Gasthaus für die Vorstadt Büdingen errichtet werden sollte. Dieses Gasthaus wurde später der Stern genannt.
Zu fast gleicher Zeit, im Jahre  1732 hatte der Graf Ernst Kasimir I. zu Isenburg und Büdingen seinem damaligen Verwalter der Saline, dem Salzverwalter Johannes Preis und dessen Frau, Johanna Magdalena, und deren Leibeserben einen Bauplatz am „Damm am Graben am Untertor“, zur Erbauung einer Hofreite für einen Kaufpreis von 400 Gulden verkauft. Der Graf hatte dann aber die Hofreite wieder zurückerworben und verpachtet. Erster Pächter war ein Verwandter des ehemaligen gräflichen Amtmannes Beck (dem Errichter des heute nicht mehr bestehenden „Becke Häuschens“ auf dem Pfaffenwald). Dessen Vetter, der Kaufmann N. Beck, betrieb hier um 1800 noch eine Eisenhandlung.
Im Jahre 1844 verkaufte Fürst Ernst Kasimir I. zu Ysenburg und Büdingen die Hofreite an einen I. G. Müller von Gießen, der in der vorhandenen Hofreite eine bescheidene Gastronomie betrieb.
I. G. Müller wurde dann allerdings im Jahre 1840 von dem Deutsch- Österreichischen Postverein zum Büdinger Posthalter ernannt, womit das Anwesen in eine neue Phase der Entwicklung trat. Der neue Stützpunkt der Post hatte Verbindungen mit dem ganzen Rhein- Main-Gebiet, was sich auf den bescheidenen gastronomischen Betrieb positiv auswirkte. Dabei müssen auch verschiedene Umbauphasen an dem Hauptgebäude stattgefunden haben.
Am 23. März 1889 ging das Anwesen durch Kauf an den Büdinger Ludwig Schwarz, bei welchem erstmals ein spezielles Frühstückszimmer neben der Posthalterei genannt wurde.
Die Gebäude bestanden damals aus einem Wohnhaus mit Seitenbau, einem Stall für Pferde mit einem Schuppen für Unterstellungen und Futter, einer Scheune und einer Obstdürre.
Später wurde die Posthalterei aus diesen Gebäuden heraus in die Stadt verlegt.
Ein Jahr später wurde auf der so genannten Rosenhöhe, dem Damm neben dem Hauptgebäude, ein Gartenhaus mit einem Platanenhain geschaffen, wo die Büdinger Gymnasiasten ihre Zusammenkünfte hatten. Wesentlichen Anteil an dieser Bereicherung des Büdinger Gastronomiebetriebes, der sich nun entwickelt hatte, hatte der damalige Landwirtschaftsrat Andrae von Büdingen, der auch für die Anlage einer Kegelbahn sorgte. Um die Jahrhundertwende wurden die im Hofe befindlichen alten Funktionsbauten, Stall, Scheune usw. abgerissen und ein neuer großer Saal angebaut. Diesen nannte man gerne Kasino, weil er dank der Initiative der Hellerschen Druckerei mit Elektrizität ausgerüstet worden war und Mittelpunkt der Büdinger Gesellschaft geworden war. In diesem Saal entstand dann 1919 das erste Büdinger Lichtspieltheater, das neben dem Restaurant und Hotelbetrieb in den Händen von verschiedenen Besitzern verschiedene Ausbauphasen erlebte.

Dr. Walter Nieß:
Zwischen den Wehrmauern der Neustadt und den äußeren Wällen, den Kurtinen, im sogenannten „Graben vor der Unterpforte“, wurde der stolze Bau des Fürstenhofes im Jahre 1733, also zur Regierungszeit der Grafen Ernst Casimir I. zu Ysenburg und Büdingen, errichtet. Der Fürstenhof war ein Lokal zur Stärkung, Übernachtung, zum Aus- und Umspann der Zugtiere, zum Austausch von Nachrichten, mit einer täglichen Kutschverbindung zur Messestadt Frankfurt am Main.
1844 wurde der Fürstenhof vom Grafen Ernst Casimir zu Ysenburg und Büdingen an I. G. Müller aus Gießen verkauft. Müller hatte sich schon früh mit den Postverbindungen im Lande beschäftigt. Als 1850 der Deutsch-Österreichische Postverein gegründet wurde, ließ er sich zum Büdinger Posthalter ernennen. Müller war Gastwirt und Posthalter zugleich, seine Frau mag den Eisenladen gemacht haben. Er hat den Anfang des Postwesens in Hessen erlebt und verkaufte das Anwesen am 23. März 1889 an den Büdinger Johann Schwarz. Dieser hat sich der Mode der damaligen Zeit gebeugt und das Anwesen von den Tiroler Maurern verputzen lassen. Diese „Verbesserung“ wurde erst im 19. und 20. Jahrhundert entfernt und der Bau steht seitdem in voller Pracht seines Fachwerkes vor uns.

Quelle: Dr. Walter Nieß

Der Fürstenhof in historischen Ansichten, Quelle: Geschichtswerkstatt Büdingen, u.a. Bildband: Büdingen in historischen Ansichten, 2020

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