Heinz Appel aus Wolferborn hatte dem Büdinger Geschichtsverein dankenswerter Weise einen Teil seiner umfangreichen Trachten-Sammlung ausgeliehen, die aus dem Nachlass seiner Familie stammt. Das Modehaus Müller-Ditschler hatte die Büsten zur Verfügung gestellt, auf denen die Ausstellungsstücke in der Markt- und Kaufhalle des Rathauses von 1458 präsentiert wurden. Am 24. Januar hielt Elisabeth Johann aus Altenstadt, ausgewiesene Trachtenkennerin und Buchautorin zum Thema, im Heuson-Museum einen Vortrag über „Trachten in der Wetterau“.

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Die ausgestellten Trachten stammen aus einem Nachlass aus Wolferborn. Sie haben eine längere Vorgeschichte.

Begonnen wurde die Sammlung wahrscheinlich mit Anna Maria Lehning, geb. Appel (Heirat mit Johannes Lehning am 16. November 1826), und wurde fortgeführt von ihrer Schwiegertochter Katharina Lehning, geb. Reutzel (1829-1875), sie kam gebürtig aus Spielberg (gehört heute zu Brachttal) und  war nach Wolferborn verheiratet. Diese Heirat hat am 4. Mai 1851 stattgefunden.

Sie (Katharina) oder ihre Schwiegermutter (Anna Maria) war Schneiderin, zumindest konnten die Frauen damals nahezu alle schneidern, da man die Kleidung in der Regel selbst herstellte. Zumal in der damaligen Zeit auf dem Land fast ausschließlich Tracht getragen wurde, war/waren sie wohl Trachtenschneiderin/en.

Als ab der Zeit um/ab 1850-1880 und danach, die so genannte städtische Kleidung immer mehr Einzug hielt, haben sie, wenn die Leute ihre Tracht abgelegt haben, diese dann eingesammelt und verwahrt. Sie selbst müssen damals noch Tracht getragen haben. Dieses Anliegen hat dann in der nächsten Generation Maria Lehning, geb. Loos, gebürtig aus Wolferborn fortgesetzt. Auch Anna Lehning, die Schwiegertochter von Maria Lehning, geb. Loos, trug in ihren jungen Jahren noch zur Erweiterung des Trachtenfundus bei. Ihre Tochter wiederum, Elisabeth Appel, geb. Lehning, sowie die Nachfolgegenerationen, haben die Sammlung dann nur noch aufrecht erhalten und von Zeit zu Zeit durchgesehen und neu eingelagert.

Es wird berichtet, dass von Zeit zu Zeit die Kisten vom Dachboden geholt und durchgesehen wurden. Dabei wurden die Trachten gereinigt und neu eingemottet.

Es ist sehr wahrscheinlich, dass auch Trachtenteile aus anderen Ortschaften und anderen Gegenden dazukamen. Einige Teile passen auf den ersten Blick in ihrer Machart, Form und Farbe nicht richtig zu den anderen Trachtenteilen in dieser recht umfangreichen Sammlung. Vielleicht wurden sie von Frauen getragen, die nach Wolferborn oder eine der umliegenden Ortschaften eingeheiratet haben.

Einige Trachtenteile tragen eingestickte Initialen, die entweder aus der Familie der Sammlerinnen stammen, so etwa „A“ für Appel, „L“ für Lehning oder Loos und „R“ für Reutzel oder aber aus Wolferborn und Umgebung stammen. So kann z. B. „R“ auch für Röder oder Raifschneider stehen, „K“ für Kehm oder Kaufmann, „B“ für Bien/Biehn, Bretthauer, Bartel, Bähr oder Balser, „S“ für Spielmann, Schlögel oder Schwab und „M“ für Mincker oder Muth usw. Alle diese Namen kamen und kommen in Wolferborn und den umliegenden Dörfern vor und sind zu Teilen bis heute hier ansässig.

Die ausgestellten Trachten wurden in ihrer gezeigten Form so zusammengestellt, wie es Farbe und Material vorgegeben haben. Ob die Teile wirklich immer alle zusammengehörten, lässt sich heute nicht mehr nachvollziehen. Auch sind nicht alle typischen Trachtteile in der Sammlung enthalten. Sie werden der Vollständigkeit halber aber mit beschrieben. Männertrachtteile gibt es nur ganz wenige in der vorliegenden Sammlung.

Trachten in unserer Region

Welche Bedeutung hatte eigentlich das Tragen einer Tracht?

Nach der Französischen Revolution und der Auflösung der Grenzen der Ständegesellschaft galt die zuvor geltende strenge Kleiderordnung nicht mehr, in der festgelegt war, wer welche Farben tragen durfte und wie viel Pelz, Band und Schmuck zur Kleidung gehören durfte. Im 19. Jahrhundert bestimmte in der Stadt zunehmend die Fülle im Geldbeutel, wer welche Kleidung trug. In den ländlichen Gebieten entwickelten sich oft reichhaltige Trachten, die ebenfalls in einer Kleiderordnung zum Ausdruck kamen. Die Tracht verriet zum Beispiel, ob ein Mädchen ledig oder jung verheiratet war. Ebenso konnte man allein an der Ausstattung der Tracht sehen, ob es eine reiche Bäuerin war oder eine Kleinbäuerin oder gar eine Tagelöhnerin. Die Männertracht war in dieser Hinsicht nicht ganz so auffällig unterschiedlich wie die Frauentracht.

Die Frauentracht

Die Frauentracht besteht aus den Grundbestandteilen Hemd, Leibchen, Unter- und Oberröcken, Motzen (Jacke), Schürze, Halstuch, Strümpfen und Haube oder Kopftuch und dem Seelenwärmer (Strick- oder Tuchschal). Dazu können noch Strumpfbänder, Bruststecker, Tasche und Schmuck kommen. Zu besonderen Anlässen wie Hochzeiten, Taufen, zum Abendmahl oder bei Trauer gab es wiederum spezielle Kleidungsstücke, die nur zu diesen Anlässen getragen wurden. Je nach Region und Stand (arm – reich, jung – alt, ledig - verheiratet – verwitwet usw.) variiert die Ausstattung der Tracht zum Teil erheblich.

Das Hemd

Das Hemd besteht aus handgewebtem, festem Leinen. Es ist oft ein so genanntes Sturzhemd, bei dem nur die obere Hälfte aus feinem Leinen ist, die untere aus grobem. Die Hemdlänge betrug etwa einen Meter. Je nach Region und ob es sich um Sommer- oder Winterkleidung handelte, variierte die Länge der Ärmel.

Das Leibchen

Die Leibchen der vorliegenden Trachten wurden alle vorne geknöpft über dem Hemd getragen (ansonsten sind für unsere Region geschnürte Leibchen überliefert) und gab den Röcken Halt. An ihm waren je nach Region verschieden viele kleine Kissen oder auch ein durchgehender Wulst befestigt, auf dem die Röcke am Bund auflagen und so getragen wurden. Die Kissen und der Wulst wurden mit Werg (kurze Fasern von Leinen, Hanf oder Jute) oder Wolle gefüllt. Die Leibchen waren oft aus schwarzem Tuch und innen mit Leinen gefüttert. Versteift waren sie mit Stäbchen aus Fischbein oder spanischem Rohr (eine Schilfrohrart), manchmal auch mit Spanstreifen aus Hainbuche oder Haselnuss.

Der Bruststecker

Der Bruststecker besteht aus einem Stück versteifter Pappe in Schildform, der mit Samt oder Tuch bezogen und oft reich bestickt ist. Der Bruststecker wäre, wenn er vorne ins Leibchen gesteckt werden würde, unsichtbar. Frau Elisabeth Johann fand aber Belege, nach denen solche Bruststecker unter verschnürten Motzen getragen wurden.

Die Röcke

Die Röcke waren aus drei bis vier Stoffbahnen zusammengesetzt, so dass eine Saumweite von bis zu vier, manchmal sogar fünf Metern entstehen konnte. Oben waren die Röcke zu einem schmalen Bund zusammengefasst und mit eingenähten Schnüren gebunden, die dann auf den Wülsten am Leibchen Halt fanden. Die Vorderseite, auf der die Schürze getragen wurde, war glatt, der Rest des Rockes in enge Falten gelegt.

Das Material der Röcke war meist Wolle, es gibt aber auch Exemplare aus Leinen oder Beiderwand (Mischgewebe aus Wolle und Leinen). Alle Röcke waren am Stoß mit farbigen Bändern besetzt und reichten mindestens bis ans Knie, die Exemplare aus Wolferborn häufig bis zu den Fußgelenken. Wie viele Röcke übereinander getragen wurden variierte nach Region und Anlass und nach Stand der Trägerin. Die Anzahl der übereinander getragenen Röcke verminderte sich im Laufe der Zeit.

Die Schürze

Die Schürze war in der Wetterau aus Leinen in blau oder schwarz und nur wenig kürzer als der Rock, auf dem sie getragen wurde. Im Vogelsberg gab es Schürzen, die nur etwa 2/3 der Rocklänge betrugen oder aber Schürzen (besonders für Festtage), die ebenso lang waren wie der Rock. Je nach Region konnten verschiedene Faltenmuster als Zierde eingebügelt sein oder aber mit Besatz besetzt sein (Spitzenbesatz, Stickbänderbesatz usw.).

Es gab auch unterschiedliche Schürzen für unterschiedliche Anlässe. Hier sind insbesondere die Hochzeitsschürzen zu nennen, die in der Regel grün waren, mit Borten und Stickereien verziert und vor allem symbolisch geteilt waren. Das heißt, dass in der Mitte der Schürze eine Borte von oben nach unten verlief und die Schürze teilte. Auf der einen Seite standen die Initialen der Braut, auf der anderen Seite die Initialen des Bräutigams. Die Jahreszahl wurde ebenfalls geteilt, links das Jahrhundert, rechts das Jahr, z. B. 18 ½ 26. So wurden symbolisch die beiden vordem getrennten Hälften (Braut & Bräutigam) durch den Ehestand (Sakrament der Ehe) zusammengeführt. Manche Hochzeitsschürzen bestanden sogar aus zwei Teilen, die mit der Borte verbunden wurden.

Das Schürzenband

Farbe, Material und Verzierung der Schürzenbänder variierten stark, je nach der Region und wohl auch nach dem Stand (junges Mädchen, alte Frau usw. ) der Trägerin.

Der Motzen (die Jacke)

Die langärmlige, kragenlose Jacke war eng auf die Figur der Trägerin zugeschnitten und hatte oft ein Schößchen (ein an der Taille angesetztes Stoffteil). Die Jacke wurde vorne geknöpft (in selteneren Fällen auch geschnürt). Die Knöpfe wurden mit schwarzem Seidenfaden hergestellt. Bei festlichen Anlässen trug man Knöpfe, die mit Silberfaden übersponnen / überstickt waren. Es wurden auch Hornknöpfe mit Seidenstoffen bezogen, die dann mit floralen oder sakralen Mustern bestickt wurden. Die Knöpfweisen (Anordnung der Knopfleisten und Knopflöcher) waren unterschiedlich und es gab die so genannten „Knöppdinger“ auch für verschiedene Anlässe von Taufe bis Begräbnis. Einfache Knöppdinger hatten eine Knopfleiste, Festtagsknöppdinger hatten bis zu drei zu knöpfende Knopfleisten.

Der Brustschlupp

Zu Festtagen wurde ein farbiges besticktes Tuch vor die Jacke gesteckt. Das war in der Wetterau, wie auch im Vogelsberg eher selten, sondern hauptsächlich eine Tradition im Hüttenberger Land.

Der Kragen

Der Kragen bedeckte Nacken und Schultern. Verschlossen wurde er mit einem Knopf, später auch mit Druckknopf oder einem Band. Der Kragen wurde über dem Hemd und unter dem Leibchen getragen. Man sah ihn also kaum, es sei denn, es wurde keine Jacke (Motzen) getragen. Diese Kragen waren oft lose auf dem Hemd getragen und wurden nur zu besonderen Anlässen benutzt oder aber, es gab unterschiedliche Kragen, die dann entsprechend dem Anlass ausgewechselt wurden.

Das Halstuch

Die Halstücher waren aus verschiedenfarbiger Seide mit ebenfalls buntem eingewebtem Blumenmuster. Die Länge der Fransen ist je nach Region unterschiedlich. Die Fransen des Tuches zeigten ebenfalls den Stand der Trägerinnen. Je nachdem, wie oft die Fransen geknüpft sind. Oft hatten die Trachtenträgerinnen viele verschiedene Halstücher. Ältere Frauen trugen häufig schwarze Tücher aus Wolle oder Atlas, einer glänzenden hochwertigen Seide, seltener schwarze Seidentücher. Im Vogelsberg (wozu Wolferborn auch gehört) trug man das Hals- oder Schultertuch in Falten gelegt und vorne unter dem Motzen, wobei die Falten um den Hals bis unter den Motzen beibehalten werden.

Freud- und Leidtücher

Eine besondere Form des Halstuches bilden die sog. Freud- und Leidtücher. Die dunklen Tücher (meist schwarz) sind auf der einen Hälfte mit bunten Blumen bestickt, während die andere Hälfte (Seite) mit demselben Blumenmuster in weiß bestickt ist. Diese Tücher wurden in der Regel nur zum Kirchgang getragen. Zumindest in Wolferborn gab es auch die Teilung in Freud-Tücher und Leid-Tücher, die nicht auf demselben Tuch, sondern in Form von zwei Tüchern vorhanden waren.

Freud und Leid beziehen sich jedoch nicht auf freudige oder traurige Anlässe wie z. B. Hochzeit und Beerdigung, sondern auf die freudigen und leidtragenden Zeiten des Kirchenjahres. Die bunte Freud-Seite wurde ab Ostern bis etwa Allerheiligen (1. November) getragen, am Ewigkeitssonntag (Totensonntag) und den Advent hindurch wurde die weiß bestickte Seite getragen und ab Weihnachten bis zum Aschermittwoch wiederum die bunte Seite. Es gibt Berichte, dass das Drehen der Tücher auch während der Gottesdienste stattfand, in denen die entsprechenden Zeiten endeten bzw. begannen. Man hat das Tuch einfach auf die andere Seite gewendet. Man muss sich das so vorstellen, man ging z. B. am Heiligabend mit der weißen Seite in die Christmette. Während der Christmette wurde es Weihnachten, die Tücher wurden umgedreht und man ging mit der bunten Seite aus der Kirche nach Hause. Selbiges fand wohl am Ostersamstagabend (Osternacht) in den Kirchen statt. Und umgekehrt fand dasselbe am Aschermittwoch und um den Totensonntag statt.

Die Seelenwärmer

Der Seelenwärmer ist entweder ein gestrickter, sehr langer Schal mit Häkelborte und/oder Garnstickereien für den Winter oder aus Stoff geschnitten, mir Borten besetzt, oft im selben Stoff, passend zu den Kleidungsstücken im Sommer. Den Seelenwärmer gibt es in unterschiedlichen Formen und Längen, im Grunde in ganz Oberhessen, nördlich des Main und westlich der Fulda bis zum Westrand des Vogelsbergs und im Marburger Raum. In der Wetterau kennt man den Seelenwärmer nicht. Der Seelenwärmer wird um den Nacken gelegt, über der Brust über Kreuz gelegt, um den Rockbund nach hinten gelegt und mit einfachem Überwurfknoten auf dem Rücken über dem Rockbund gebunden. Dabei hängen die langen Enden auf der Rückseite wie Bänder herunter.

Die Hauben

Es gibt viele verschiedene Hauben, die in Form, Farbe und Aussehen sehr variieren. Häufig lassen sich regionale Unterschiede nicht genau differenzieren. Es gibt / gab auch innerhalb der regionalen oder der örtlichen Tracht unterschiedliche Hauben für unterschiedliche Anlässe. So gab es Hochzeitshauben, Trauerhauben, Hauben, die nur zum Tanz auf dem Kirchweihfest getragen wurden – also Tanzhauben, Schnatzhauben bzw. Stülpchen. Diese reich bestickten Häubchen wurden über dem Haarknoten getragen. Es gibt verschiedene Stülpchen für verschiedene Formen des Haarknotens. In Wolferborn gab es noch die Steckelcheshauben, die eine Art Radhauben waren, die auf zwei unterschiedliche Arten getragen wurden. Zum einen ohne Rad oder mit dem reich bestickten Tuchrad, das oft mit Falten und Stickereien verziert war, von Holzstöckchen (Steckelchen) mit Perlenaufsätz gehalten wurde. Dieses Tuchrad konnte einfach sein oder aber reich besetzt und/oder mit reichen Stickereien, Spitzenbesatz oder Perlstickereien verziert.

Insbesondere sind die Abendmahlshäubchen zu nennen. Hierbei handelt es sich um einerseits einfache weiße Häubchen aus feinem Leinenstoff, die besonders hart gestärkt und sehr aufwändig mit einem Bügelmesser (Kneipchen) in Plisseefalten gebügelt wurden. Es gab speziell ausgebildete Abendmahlshäubchenbüglerinnen, die diese Arbeit im ganzen Dorf erledigten. Junge Mädchen (nach der Konfirmation) und unverheiratete junge Frauen trugen Abendmahlshäubchen mit Spitzenbesatz und / oder Loch- bzw. Hohlsaumstickereien. Verheiratete Frauen trugen nur noch spärlichen Schmuck an ihren Abendmahlshäubchen und ältere Frauen (ab etwa 50 bis 60 Jahre) trugen nur noch einfache Abendmahlshäubchen ohne jeglichen Schmuck. Witwen trugen keine weißen Abendmahlshäubchen mehr, sondern dunkelblaue Abendmahlshäubchen ohne jeglichen Schmuck.

In dem Bestand waren auch zwei sehr alte Goldhauben, die mit einer Art Drahtuntergestell verarbeitet sind und mit Golddrähtchen und goldenem Gewebe bestehen. Die eine Haube ähnelt im Aussehen den Abendmahlshauben, die andere den Schnatzhauben, die am Hinterkopf getragen wurden. Eine weitere Schnatzhaube diese Form haben wir noch in schwarz mit weißen Stickereien gefunden und eine weitere, die entweder noch nicht fertig ist, oder aber entzwei gegangen, mit reichen Perlstickereien. Welche Bedeutung diese beiden Goldhauben hatten konnte leider nicht ermittelt werden – wir haben sie dennoch in die Ausstellung aufgenommen, auch die beiden Hauben in schwarz und mit Perlstickerei.

Die Haubenbänder

Die Haubenbänder wurden nicht angenäht, sondern mit Nadeln festgesteckt. Sie waren entweder schwarz oder in der passenden Farbe zur Haube und so lang, dass sie nach dem Schleifebinden unter dem Kinn bis zur Taille herabhingen, wo sie (je nach Anlass) auch noch gebunden oder mit Nadeln in Muster oder Schlaufen gesteckt werden konnten.

Die Strümpfe

Die gestrickten Wollstrümpfe waren zumindest in Wolferborn weiß. In Kefenrod waren sie blau (die Kefenröder heißen bis heute „Bloostimp“ Blaustrümpfe) und reichten bis über das Knie. Bei Trauer oder im Alter trug man schwarze Strümpfe. Die vorgefundenen Strümpfe sind in sehr aufwändigen Mustern gestrickt, die heute wohl nicht mehr bekannt sein dürften.

Das Strumpfband

Das Strumpfband variiert in Material, Länge und Aussehen regional sehr unterschiedlich.

Die Schuhe

Nachgewiesen sind vier verschiedene Schuhtypen: „Stöckelschuhe“ mit Schnallen, Stöckelpantoffel, gebundene so genannte Ohrenschuhe und offene ausgeschnittene sogenannte „Kommodschuhe“. Dieser Schuhname hat französische Wurzeln (kommod bedeutet bequem). Die Schuhe mit Absatz wurden nach und nach meist durch den bequemeren absatzlosen Schuh ersetzt.

Die Tasche

Die Tasche bestand aus Stoff und wurde mit einem Band unter die Schürze gebunden. Im Nachlass von Wolferborn wurden auch Täschchen gefunden, die reich bestickt sind und in ihren Formen nicht an Taschen erinnern.

Das Perlhalsband

Das Aussehen der Halsbänder variiert stark, je nachdem welche  Perlen und welche Muster verwendet wurden.

Silberne Verlobungsringe, „Treueringe“

Solche Ringe waren schwer und reich verziert. Der Bräutigam schenkte ihn der Braut zur Hochzeit.

Die Tracht zur Hochzeit

Die Braut trug eine Brautkrone, die - es sei denn man war reich – von der Aufbinderin geliehen wurde. Es gab die Brautkrone oder den Brautkranz in grundsätzlich mindestens zwei verschiedenen Ausführungen:

Eine bunte und eine aus gedeckten Farben (grün, blau, lila). Nach einem Trauerfall im engen Familienkreis wurde die Hochzeit nach Möglichkeit ein bis zwei Jahre verschoben. Aber auch danach „durfte“ die Braut bei der Hochzeit nur gedeckte Farben tragen. Man sprach dann von „gedämpfter Hochzeit“. Erwartete die Braut schon ein Kind, so war es ihr in vielen Gegenden nicht gestattet eine Brautkrone zu tragen. Sie musste genau wie arme Frauen mit weißer Abendmahlshaube heiraten.

Geheiratet wurde in reformierten Dörfern in der schwarzen Abendmahlstracht. Nach der Trauung zog die Braut dann ihr eigentliches schwarz-weißes oder silbergraues Kleid an. Unter Umständen zogen sich Braut und Gäste mehrfach bei den Feierlichkeiten um. Nach Mitternacht, wenn die Braut keine Krone mehr trug, erschien sie in grüner Festtracht. In lutherischen Dörfern waren die Bräuche zwar ähnlich, die Trachten jedoch viel bunter und aufwändiger gestaltet als in reformierten Ortschaften. Wolferborn ist lutherisch, Kefenrod ist reformiert. Die Wolferborner Tracht ist bunt, die Kefenroder Tracht war in der Hauptsache schwarz-weiß-grau, mit blauen Strümpfen. Die Werktagstracht war wohl überall mit mehr oder weniger blau (Sachen aus der Blaufärberei, die auch hier weit verbreitet war).

Doch zurück zur Hochzeitstracht. Der eigentliche Brautschmuck bestand aus:

Der Brautkrone, die aus den Einzelteilen Kränzchen, Stirnband oder Unterkränzchen, dem Ohrschlüpp (perlenverzierte Silberspitzenbänder) und dem „Hang“ (mit Seidenbändern und Kunstblumen sowie Perlen verziertes Papier).

Außerdem trug die Braut als Sinnbild der Jungfräulichkeit einen Leibgurt aus Band um die Taille und auf der Hüfte eine große Schleife (der sog. Sackschlupp), die immer auf der vom Bräutigam abgewandten Seite war und manchmal noch ein Tuch aus weißem Tüll.

Dann bleiben noch die Hochzeitsschürzen zu nennen, die bereits weiter oben bei den Schürzen näher erklärt wurden.

Die direkten Verwandten von Braut und Bräutigam (Eltern, deren Geschwister, Großeltern, Geschwister, Patenonkel und Patentanten) trugen ebenfalls eine Hochzeitstracht, die aber oft geliehen wurde, da insbesondere die Hauben der Frauen sehr aufwändig waren und die Herstellung recht teuer gewesen sein dürfte. Diese Hauben waren aus schwarzer Seide, in der Form anders als die alltäglichen Hauben, mit bestickten Haubenböden und bestickten Haubenbändern, die zum Teil recht lang waren und in verschiedenen Weisen aufgebunden, aufgesteckt und gelegt wurden, je nach Verwandtschaftsgrad.

Die Abendmahlstracht

Die Frauen trugen zur schwarzen Tracht eine weiße Abendmahlshaube mit weißer Unterhaube. Um die Haube war ein Band gelegt, das je nach Alter und Stand der Trägerin in Ausführung und Material variierte. Das Abendmahlstuch war ein weißes oder hellgraues, um die Schultern gelegtes Tuch, über der Brust gekreuzt und an der Hüfte am Rockbund festgesteckt. Auch gab es spezielle Schuhe extra zur Abendmahlstracht.

Die Trauertracht

Man trug schwarz, das nach seinem Erscheinungsbild als „trocken schwarz“ und „stolz schwarz“ bezeichnet wurde. „Trocken schwarz“ bedeutete, dass die Frauen Röcke ohne Bänder und Tücher ohne Fransen trugen. Nichts an der Tracht durfte schimmern oder glänzen. Bei „stolz schwarz“ durften die Tücher Wollfransen haben und die Materialien von Tuch und Schürze durften schon etwas glänzen. Erst bei Halbtrauer durften andersfarbige, aber immer noch dunkle Farben getragen werden.

Man trug die Trauertracht nicht nur nach dem Tod von Angehörigen, sondern auch wenn Paten, Nachbarn oder Schulfreunde gestorben waren. Je nach Nähe zum Verstorbenen variierte die Trauerzeit. Um den Ehepartner wurde 5 bis 8 Jahre getrauert, um die Eltern etwa dreieinhalb Jahre, um den Paten ein Jahr. Je nach Alter der verstorbenen Kinder trauerte man ein Jahr (Säugling) bis zwei Jahre (größeres Kind) und drei Jahre, wenn das Kind verheiratet war und selbst auch Kinder hatte.

In Wolferborn haben wir einen Trauermantel gefunden und mehrere stark plissierte Trauerschürzen. Der Trauermantel wurde von den Frauen der Familie (Witwe, Mutter, Schwiegermutter, Schwestern, Schwägerinnen, Töchter auch Enkelinnen des/der Verstorbenen) auf dem Weg zum Friedhof  bzw. am offenen Grab, über dem Kopf getragen. Wenn man zum Grab ging, wurde der Trauermantel mit der einen Hand geschlossen, während man mit der anderen Hand entweder Blumen warf oder das Erdeschäufelchen hielt.

Die Männertracht

Männertracht ist viel weniger erhalten und noch schlechter dokumentiert. Sicher haben die Männer durch das Arbeiten fern der Heimat oder beim Militär früher aufgehört Tracht zu tragen. Die Männertracht bestand aus Hemd, Strümpfen, Schuhen, Kniehose, ein bis zwei Westen, Jacke oder langem Schoßrock (ein Manteltyp), Dreimaster (auch Dreispitz genannt, Hutform mit dreiteilig nach oben geklappter Krempe) oder Kappe. Dazu konnte noch eine Halsbinde kommen. Werktags trug man einen blauen Leinenkittel und eventuell eine Zipfelmütze.

Das Hemd

Das Hemd aus Leinen hatte nur einen Brustschlitz. Die Ärmel wurden am Handgelenk durch Manschettenknöpfe verschlossen.

Die Kniehose

Die Hose war meist aus weißem oder gelblichem Leder. Die Hosenbeine waren an den Knien geschlitzt und ließen sich mit kleinen lederüberzogenen Knöpfen schließen. Oft gab es am Bündchen noch eine Silberschnalle. Für besondere Anlässe und Festtage waren diese Hosen entweder aus schwarzem oder aus weißem Tuchstoff.

Die Strümpfe

Die gestrickten Strümpfe waren hell, häufig weiß. Das Material variierte zwischen Wolle, Leinen und Baumwolle. Es gab genähte Strümpfe und auch gestrickte Strümpfe mit aufgehäkelter Spitze.

Die Schuhe

Getragen wurde ein flacher lederner Schnallenschuh, bei Bedarf wurden Gamaschen drüber gezogen. Es gab auch sehr schöne Lederstiefel, die bis zum Knie reichten. Von Alters her wurde in Wolferborn von Holzschuhen berichtet. Diese Schuhe waren aber nicht wie die holländischen Holzschuhe sondern ganz einfache, aus dem Holz heraus gearbeitete Schuhe.

Die Weste

Die ärmellose Weste wurde über dem Hemd getragen. Wurden zwei Westen getragen, war die enger am Körper anliegende Weste weiß, die andere meist dunkel. Die Westen wurden vorne, ein- oder zweireihig geknöpft. Material und Ausführung variieren je nach Region.

Die Halsbinde

Sie war bei feierlichen Anlässen meist schwarz, ansonsten wohl bunt.

Der lange Rock

Der lange Rock aus Tuch wurde bei feierlichen Anlässen und beim Kirchgang getragen. Er war meist dunkel, knielang und mit einer Reihe Knöpfen versehen.

Die Jacke

Die Jacken variieren in Schnitt und Länge.

Der Kittel

Der Kittel aus Leinen war die gängige Werktagskleidung der Männer. Der Kittel war weiß mit blauen Stickereien oder blau mit weißen Stickereien. Für den Kirchgang am Sonntag sowie zu besonderen Anlässen gab es den Schwarzkittel. Dieser Kittel ist in der Verarbeitung ähnlich dem Blaukittel, eben schwarz und etwas aufwändiger gestaltet.

Die Kopfbedeckungen:

Der Dreispitz oder Dreimaster

Dieser schwarze Filzhut wurde zu festlichen Anlässen getragen. Die breite Krempe konnte zu einem Dreieck hochgeschlagen werden. Trug man die Spitze nach vorne, war man ledig, trug man die Spitze nach hinten, war man verheiratet. Abgelöst wurde der Dreispitz durch einen kleineren runden Hut, der nicht nur zu festlichen Anlässen getragen wurde. Auch Pelzmützen oder Kopfbedeckungen mit Pelzrand sind belegt.

Die Zipfelmütze

Diese Kopfbedeckung hat man werktags getragen. Sie variiert regional in Aussehen und Länge. Zur Hochzeit trug der Bräutigam in der Regel schwarz. Häufig trug er einen Rosmarinzweig an die Brust geheftet. Es gab aber auch weitere Verzierungen, die je nach Region unterschiedlich sein konnten.

Hochzeitstracht

Endphase der Tracht, moderne Muster und Stoffe.

Hauben

Abendmahlshaube

Schürzentaschen

aufwändig besticktes Stülpchen1

Schuhe mit verschiedenen Schnallentypen

Freud- und Leidtuch