In der Ausstellung österlicher Traditionen im Heuson-Museum in der Büdinger Altstadt wurden vom 22. März bis zum 27. April 2014 alter Osterschmuck, Kunsthandwerk rund ums Ei und Reprints von Osterkarten aus sieben Jahrzehnten gezeigt. Nicht nur Erwachsene, sondern auch Kinder haben sich von den farbenfrohen Ausstellungsstücken in Frühlingslaune versetzen lassen. Gezeigt wurden u.a. österliche Holzarbeiten aus dem Erzgebirge, Porzellan und Keramik sowie Osterschmuck. Dazu Werbeanzeigen mit Ostergeschenken aus den 20er und 30er Jahren von Marken, die teilweise heute noch ein Begriff sind.

An fast 100 Postkarten wurde der Wandel in der grafischen Gestaltung österlicher Motive sichtbar. Texte vom Ende des 19. Jahrhunderts riefen alte Ostertraditionen, - spiele und - geschichten ins Gedächtnis und waren mit zeitgenössischen Stichen illustriert.

Kleine Geschichte der Postkarte

1861 private Karten werden in den USA zugelassen.

1869 die Postkarte wird in Österreich-Ungarn eingeführt.

1870 Zulassung der „Correspondenzkarte“ im Norddeutschen Bund, Bayern,Württemberg und Baden.

1878 Postkarten können in die meisten Länder der Erde verschickt werden.

1870/71 (Deutsch-Französischer Krieg) erste Verwendung von Postkarten in größerem Umfang. Nachdem für die mobilen Truppen ab 17. Juli 1870 Portofreiheit gilt, werden bis Dezember 1870 rund 10 Millionen „Feldpost-Correspondenzkarten“ verschickt.

1871 die Post verkauft Ansichts- und Glückwunschpostkarten.

1872 in Deutschland sind private, nicht von der Post hergestellte Motivpostkarten zugelassen. Massenproduktion von Ansichtskarten beginnt.

1885 Beginn einer Ansichtskartenbranche.

1896 die Ansichtskarte setzt sich im großen Stil durch, nicht zuletzt durch die Nutzung neuer Druckverfahren. Ab dieser Zeit wird hauptsächlich das mehrfarbige Druckverfahren der Chromolithografie verwendet, zuvor waren Ansichtskarten fast immer einfarbig, oft in Sepiatönen bedruckt. Die Karten sind zu einem relativ geringen Preis erhältlich und die Bilder ersparten das Schreiben längerer Städte- oder Landschaftsbeschreibungen. Ansichtskarten gibt es in vielen Tabak- und Schreibwarenläden zu kaufen.

1900 Foto- und weitere moderne Druckverfahren kommen zunehmend zum Einsatz.

In allen Industrieländern wird bis zum Ersten Weltkrieg die Post in den Städten mindestens dreimal täglich zugestellt, in Großstädten oft sogar noch häufiger. Es ist also theoretisch möglich, einen Termin am selben Tag per Postkarte zu vereinbaren.

Während des Ersten Weltkriegs, der Zeit des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkriegs werden Post- und Ansichtskarten für Propagandazwecke missbraucht.

Alte Färbetechnik für das Osterfest: Zwiebeleier mit Kräutermotiven
Das Färben von Ostereiern ist eine weitverbreitete christliche Tradition. Da die katholische Fastenordnung den Verzehr von  Eiern in der Fastenzeit verbot, wurden diese gekocht, um sie haltbarer zu machen. Durch Zugabe von Pflanzenfarbstoffen erhielten die Eierschalen dabei verschiedene Farben, wodurch die Hausfrau wusste, wie alt das entsprechende Ei war. Aus dieser Notwendigkeit entwickelten sich viele Färbetraditionen, die regional sehr unterschiedlich sind und zum Teil bis heute gepflegt werden. Das Färben mit Zwiebelschalen ist eine solche alte und naturverbundene Färbetechnik. Die natürlichen Farbstoffe zaubern warme Brauntöne auf Ostereier. Hiltrud Richter zeigte am 16. April 2014 im Heuson-Museum, wie Zwiebeleier mit Kräutermotiven hergestellt werden.

Osterbräuche in Wetterau und Vogelsberg
Bei den hessischen Osterbräuchen überschneiden sich heidnische und christliche Rituale. Besonders die Bewohner abgelegener Gegenden hielten lange an den überlieferten Gebräuchen fest. Viel davon war Aberglauben, so gab es Rituale zur Abwehr von Not und Gefahr, zur Herbeiführung von Glück und Zukunftsdeutung.

Der Palmsonntag hieß in vielen Dörfern der Wetterau der „Kräppelsonntag“, denn in den meisten Häusern gab es an diesem Tage Kräppel zum Kaffee. Noch in den 1960er Jahren war es in katholischen Gemeinden Brauch, einen Strauß blühender Weidenkätzchen an einen Stock zu binden und weihen zu lassen. Sie sollten als Schaden abwehrende Zaubermittel in Haus und Stall und auf dem Acker Segen bringen. Solche „Palmen“ bewahrten nach altem Aberglauben das Vieh vor Behexung und Krankheiten und das Haus vor Blitzschlag. Zog im Laufe des Jahres ein Gewitter heran, so legte man die Weidenkätzchen auf ein heißes Blech und räucherte damit das Haus aus.

Der Gründonnerstag war im Mittelalter der Tag der Grünen (viridium). Büßer wurden an diesem Tag von Kirchenstrafen losge-sprochen und wieder in die kirchliche Gemeinschaft aufgenommen, dabei trugen sie grüne Kleidung. Am Gründonnerstag gab es grüne Suppe und grüne Pfannkuchen aus Kartoffeln, Sellerie und Porree. Die „Prisslachsooß“ wurde aus Rahm, Schnittlauch und hartgekochten Hühnereiern zubereitet. Man aß auch Gemüse mit neunerlei Kräutern, eine Erinnerung an die Opfergaben an den germanischen Gott Donar (Thor). Dies war der Gott des Wetters und der Pflanzen, aber auch Beschützer der Welt, der Donnerstag ist nach ihm benannt. Um an die Danksagung gegenüber Donar als Geber der Frühlingskräuter zu erinnern, zupfte man sich gegenseitig am Ohr. Dieser Brauch geht wohl auf Thors Ohrfeige an den Riesen Hymir beim Kampf gegen die Midgardschlange zurück.

Im Vogelsberg erinnerte ein Brauch an die Abgabepflichten von Eiern an die Landesherren und die Kirche. Die jungen Männer besuchten die Häuser, in denen junge Mädchen wohnten und baten dort mit Gackern und Krähen um rohe Eier. Im Gasthaus des Dorfes wurden dann die gesammelten Eier ausgeblasen, wer dabei ein Ei zerbrach, musste ein Strafgeld zahlen. Die Wirtin buk mit dem Inhalt der Eier den traditionellen Eierkuchen, die Eierschalen wurden zu einer langen Kette aufgefädelt und in der Nacht zum Ostersonntag über die Dorfstraße gespannt. Nach dem Osterfestgottesdienst durften die Kinder die Eierschalenkette mit Steinwürfen zerstören.

Am Karfreitag aß man früher in der Wetterau oft nur Reis- und Hirsebrei und Mehlpfannkuchen. Da Fische und Krebse nicht dem Fastengebot widersprachen, war auch Karpfen ein beliebtes Karfreitag-Essen. Eine Schuppe des Karpfens im Portemonnaie sollte dafür sorgen, dass die Geldbörse immer gut gefüllt war. An diesem Tag durfte nicht umgegraben werden, da man Angst hatte, man grübe sonst „den Herrgott aus seinem Grabe“. Regen am Karfreitag war gefürchtet, da die Bauern glaubten, der Regen würde das restliche Jahr seine Segenskraft verlieren.

Auf den „Osterwiesen“ versammelten sich am Ostersonntag die Kinder. Kein Osterei durfte gegessen werden, bevor es nicht in die Luft geworfen worden war, dieses Hochschleudern sollte eine besondere Segenskraft versinnbildlichen. Die vorherige Bemalung bewahrte das Ei beim Flug durch die Luft vor bösen Geistern. Besonders die rote Farbe wehrte nach diesem alten Glauben alles Lebensfeindliche ab. Wem es gelang, ein in die Luft geworfenes Ei mit seinem eigenen zu treffen, durfte das getroffene Ei verzehren.

Die Osterfeuer stellen die symbolische Vernichtung des Winters dar und mussten mit Stahl und Feuerstein entzündet werden. In vielen Orten gab es neben der Osterwiese einen Osterberg, auf dem früher die Osterfeuer zu Ehren des Donar entzündet wurden. So weit, wie die Osterfeuer leuchteten, sollten die Felder fruchtbar und die Gebäude vor Blitzschlag und Feuersbrunst geschützt sein.

Auf dem Kälberberg bei Engelrod im Vogelsberg versammelten sich die Einwohner am Ostermorgen und blickten zur aufgehenden Sonne. Jeder wollte den Augenblick erleben, in dem sich die Sonne einmal schnell im Kreise drehte und man darin das Lamm Gottes erkennen konnte. Auf anderen Bergen konnte man die Sonne tanzen und drei Sprünge machen sehen. Dieser Brauch ist in ganz Europa verbreitet und stammt aus keltischer Zeit. In oberhessischen Familien hielt der Vater seine kleinen Kinder der aufgehenden Sonne entgegen, damit sie in ihrem weiteren Leben viel Glück hatten. Die ersten Strahlen der Sonne sollten auch dem Osterwasser wunderbare Kräfte verleihen.

Am Ostermontag wurden Verwandte und Freunde besucht. Kinder bekamen von ihren Paten ein Patengeschenk, das in ein weißes Tuch gebunden war. Dieses Osterböndel enthielt einen gebackenen Osterhasen und Eier. An diesem Tag gingen junge Männer zum Haus ihres Mädchens und übergaben ihr eine Flasche Likör. Wurde das Geschenk angenommen, erhielten sie dafür Ostereier in einem bestickten Tuch. Diese Eier mussten sie aufbewahren, denn es hieß, solange das Ei halte, halte auch die Liebe.

Die Passionsspiele als christlichen Osterbrauch gibt es seit dem 15. Jahrhundert. Sie sind eine Darstellung des Leidens und Sterbens von Jesus. In Oberhessen sind diese Spiele für Alsfeld und Friedberg historisch belegt.

Aus: Oster-ABC - Wie der Hase zum Ei kam, Geschichtswerkstatt Büdingen

 

Deutsche Osterbräuche.
Aus der Bücherstube und dem Leben.

Alle Deutschland benachbarten Völker haben die gräcisirte hebräische Benennung „Pascha“ für das christliche Auferstehungsfest beibehalten, oder, wie einige slavische Stämme, neue Namen mit Bezug auf die christliche Tradition gebildet. Nur das deutsche Osterfest erinnert den Forscher schon mit seinem Namen daran, daß um dieselbe Zeit, wo wir jetzt den freudigsten Tag des Kirchenjahres feiern, unsere Vorfahren, zum Theil wenigstens, eine Göttin der aufgehenden Morgenröthe, die Ostara, als Frühlingsgöttin, Göttin des erwachenden Lichts und Lebens verherrlichten. Ihr Dienst hat im Volke so feste Wurzel gefaßt, daß die Bekehrer den Namen duldeten und auf eines der höchsten christlichen Jahresfeste anwandten.

Die Bräuche, welche sich an das heidnische Fest knüpften, sind theilweise mit in die christliche Osterfeier herübergenommen worden und dort zumeist im Laufe der Zeit wieder ausgeschieden und verschollen. Anderes hat sich bruchstückweise, vielfach verändert, im Schooße des Volks als festlicher oder abergläubischer Brauch erhalten.

Die Ostara war eine freudige, heilbringende Erscheinung; nach ihr war der April ôstermanôth genannt, und ihr opferte das Volk die ersten Maiblumen. Weißgekleidete Jungfrauen, die sich nach der Volkssage um Ostern zur Zeit des einkehrenden Frühlings in den Felsklüften oder auf Bergen sehen lassen, gemahnen noch an die alte Göttin.

Ihr zu Ehren wurden auch jene Feste abgehalten, welche die Forttreibung des Winters und den Einzug des Frühlings darstellen, und von denen es in alten Aufzeichnungen heißt: „Zur Zeit da Auen und Werder grünen, treten Fridebolt und seine Gesellen mit langen Schwertern auf und erbieten sich zum Osterspiel.“ Dieses aber bestand aus einem Schwerttanz, der von zwölf Männern ausgeführt wurde, von denen einer den Sommer, wie er den Winter aus dem Lande schlug, darstellte.

Im Norden Deutschlands herrschte gleichzeitig die Sitte des Osterfeuers, welche ein Augenzeuge aus dem sechszehnten Jahrhundert in folgender Weise beschreibt: „In allen Städten, Flecken und Dörfern des Landes wird gegen Abend des ersten Ostertags auf Bergen und Hügeln ein großes Feuer aus Stroh, Wasen und Holz unter Zulauf und Frohlocken des Volks, nicht allein der Jugend, sondern auch vieler Erwachsenen jährlich angezündet. Knechte, Mägde, und wer dazu kommt, tanzen jubelnd und singend um die Flammen; Hüte werden geschwenkt, Tücher in das Feuer geworfen. Alle Gebirge im Umkreise leuchten, und es ist ein erhebender, kaum mit etwas Anderem zu vergleichender Anblick, von einem der höheren Punkte viele Meilen ringsum das Land zu überschauen und nach allen Seiten hin auf einmal eine große Menge solcher Feuerbrände, stärker oder schwächer, gen Himmel lodern zu sehen.“

Aber die eigentliche heidnische Feier beim Anbruche des Frühlings bestand, wie es zahlreiche Andeutungen in der germanischen und slavischen Mythologie beweisen, darin, daß der Winter in der Gestalt einer Strohpuppe zerrissen und aus dem Dorfe hinausgeworfen wurde, während der buntgeschmückte Frühling seinen Siegeseinzug abhielt. Am Ostertage selbst duldete die Geistlichkeit diesen offenbar heidnischen Brauch nicht, und so verlegte man ihn in die Mitte der Fasten auf den Lätaresonntag. Das Zerreißen oder Zersägen der Puppe sollte alsdann ein Symbol der halbabgelaufenen Fastenzeit bedeuten.

Ein Osterspiel mit Tanz und Gesang im Freien, auf grünem Rasen, hat sich unter Kindern und selbst Erwachsenen vereinzelt bis auf die Neuzeit erhalten; und noch heute wird an vielen Orten das Lätare- oder Sommersingen abgehalten, wobei Kinder mit buntgeschmückten Bäumchen im Dorfe umherziehen, Lieder absingen und dafür mit sogenannten Mehlweißen, Bauerbissen oder auch kleiner Münze beschenkt werden.

Leider ist in der neuesten Zeit für diese kümmerlichen Reste des Ostaracultus ein schlimmer Feind erstanden – die Polizei, welche überall die Osterfeuer und das Sommersingen untersagt und als Unfug bestraft. Erinnerungen an das heidnische Ostern sind aber auch sonst in Brauch und Aberglauben noch übrig. So thut nach dem Volksglauben die Sonne in des Ostertages Frühe, so wie sie aufgeht, drei Freudensprünge; sie hält einen Freudentanz. Beim Sonnenaufgange schöpft man Wasser aus einem nahen Flusse, nennt es Osterwasser und glaubt, daß an diesem Festtage für eine kurze Zeit dem irdischen Gewässer eine wunderbare heilsame Kraft vom Himmel verliehen werde, so daß es die Haut der eitlen Menschen vor Runzeln und Flecken bewahre, viele Krankheiten heile und weder verfaule noch verdünste.

Nicht unwahrscheinlich ist die Annahme, daß in der Osterfeier unserer Vorfahren die Festmythe, welcher der Naturvorgang einer Erlösung der winterlichen Natur durch den Kampf der winterlichen und sommerlichen Mächte zu Grunde liegt und welche sich in Heldenlied und Volksmärchen vielgestaltig erhalten hat, einen festlichen Ausdruck fand, daß sie, wie in dem Heidenthum der alten Culturvölker, irgendwie „gespielt“ wurde; natürlich nicht in kunstvoller dramatischer Ausprägung. Die Geistlichkeit hat wohl in Anknüpfung daran später für die Osterzeit die Mysterien oder Passionsspiele eingeführt. Auf Straßen und Plätzen wurden im Mittelalter vornehmlich zu Ostern die Leidensgeschichte und Auferstehung Christi dargestellt. Diese Sitte dauerte allgemeiner bis in das siebenzehnte Jahrhundert hinein und erhielt sich bis auf unsere Zeit besonders in dem Oberammergauer Bezirk, wo die Passionsspiele seit der Pest vom Jahre 1663 alle zehn Jahre aufgeführt werden und auch in diesem Jahre zu Pfingsten abgehalten werden sollen. Sie sind in den früheren Jahrgängen der „Gartenlaube“ ausführlich beschrieben.

Die heidnische Osterfeier bildet überhaupt in viel höherem Maße, als man glauben mag, die Basis für die Ausgestaltung der alten kirchlichen. So ist schon die Fastenzeit vor Ostern heidnischen Ursprungs, wenigstens kennt das vorderasiatische Heidenthum ein Fasten vor der Frühlingsfeier. Und nicht minder leuchtet durch die österliche Freudenfeier der Kirche der heidnische Hintergrund. So in der Art, wie im Mittelalter der Osterfreude innerhalb des Gotteshauses Rechnung getragen wurde. Gastmähler wurden in den Kirchen gegeben, und die Geistlichen erzählten allerlei Märchen und Schwänke, welche das Volk zum Lachen reizten. In dieser Absicht bestiegen Prediger die Kanzeln, riefen wie Kukuke und schnatterten wie Gänse, wie es Oecolampadius in seiner Schrift vom Ostergelächter, de risu paschali (Basel, 1518), berichtet. So ferner in der Sitte, an der großen Osterkerze, die bei der Auferstehungsfeier angebrannt wurde, sich eine kleinere Kerze anzuzünden und mit dieser zu Hause statt alles zuvor ausgelöschten Feuers neues anzufachen.

Zu den charakteristischsten Ueberbleibseln volksthümlicher Osterbräuche gehören Ostereier und Eierspiele, wie letztere das beigegebene hübsche Genrebildchen Röhling’s vergegenwärtigt. Daß bei einem Frühlingsfest das Ei eine Rolle spielt, ist begreiflich genug. Nicht nur, daß es als Symbol des erwachenden Vogellebens recht eigentlich zum Frühling gehört: es ist eines der sprechendsten Symbole für das aus der Verborgenheit neu aufkeimende Frühlingsleben überhaupt. Steht es doch in heidnischer Götterlehre vielfach am Anfang alles Daseins. So ist es denn nicht zufällig, daß im slavischen Osten unter den Dingen, welche in der Kirche zu Ostern dargebracht und vom Priester geweiht werden, sich auch Eier befinden, und daß man mit Besuchern des Hauses ein Ei theilt und je zur Hälfte ißt. Auch bei unseren Vorfahren müssen die Eier neben dem Osterfladen (Osterstoupha) als Gaben an Besucher, später namentlich an die Kinder, gedient haben. Noch heute besteht vielfach die Sitte, daß Kinder in befreundeten Familien, besonders aber bei ihren Taufpathen, Osterbesuche machen und mit Eiern beschenkt werden. Daß diese Eier bunt sind, durch Kochen in Zwiebelschale oder einem anderen Farbstoff (oft nachdem sie zuvor mit jungem Grün und farbigen Läppchen umwunden worden), daß man sie durch vorheriges Beschreiben mit Wachs oder nachheriges Bekratzen mit Inschriften und Zeichnungen verziert, mag als festliche Auszeichnung der farblosen Hühnereier gedeutet werden.

Uebrigens gehört das Bunte, gegenüber der Farblosigkeit des Winters, zu der Frühlingssymbolik. Ebenso begreiflich ist es, daß man die Eier versteckt und suchen läßt, wie die ersten Spuren des neuen Sommerlebens verstreut und versteckt zum Suchen auffordern, wie die Eier im versteckten Neste gefunden werden. Freilich entstammen diese Eier nach der verbreitetsten Ansicht keinem Vogel, sondern dem „Osterhasen“.

Gegenwärtig werden leider die hartgesottenen, buntgefärbten, mit Reimen versehenen Ostereier seltener. Man zieht solche aus Zucker, aus Chocolade oder eiförmigen Papierschachteln vor, in die man für kleine Kinder Naschwerk und für große Kinder oft kostbare Geschenke hineinthut.

Die Eierspiele verdanken auch nicht bloß der Spiellust der Kinderwelt ihren Ursprung. Im römischen Heidenthum finden sich Eierspiele in großem Stil in Gestalt gewisser römischer Circusspiele, die während der ersten Tage des April abgehalten wurden. „In dem Circus Maximus,“ schreiben Guhl und Koner, „war ein Gestell oder ein Altar angebracht, auf welchem sieben eiförmig gestaltete Körper (ova) lagen, ohne Zweifel in symbolischer Beziehung auf die Geburt der Rossebändiger par excellence, des Castor und Pollux. Nach jedesmaliger Vollendung der für jedes einzelne Rennen festgesetzten sieben Umläufe wurde nämlich eines dieser Eier von seinem Postamente herabgenommen, um den Zuschauern die Zahl der geschehenen Umläufe anzuzeigen.“

Außerdem sollen noch ganz besondere Eierspiele um diese Zeit, welche mit den christlichen Ostern zusammenfällt, abgehalten worden sein, von denen aber Näheres nicht bekannt ist, als nur, daß sie dem Castor und Pollux galten, und daß man im eirunden Kreise nach Eiern um die Wette lief. Daran erinnert merkwürdig gerade die verbreitetste Art der Eierspiele. Das eine Kind rennt zu einem bestimmten Ziel hin und wieder zurück, während das andere eine bestimmte Anzahl Eier, die in gewissen Entfernungen auf der Erde niedergelegt werden, in ein Körbchen sammelt. Sieger bleibt, wer zuerst fertig wird. Diese Sitte ist ohne Zweifel von einem sehr hohen Alter, da sie in Deutschland, in der Schweiz, in Frankreich und in Spanien vorkommt, also kein Werk des Zufalls sein kann.

Es giebt indeß neben dieser Art der Eierspiele noch manche andere Formen: vielfach wird Ei gegen Ei gepickt, und dasjenige, dessen Schale zuerst verletzt wird, gehört dem Sieger. Oder es wird dasselbe Resultat herbeigeführt, indem das eine Ei am untern Ende einer abschüssigen Bahn, eines Brettes oder einer in die Erde gegrabenen schiefen Ebene, ausgesetzt und mittelst eines hinabgerollten zu treffen gesucht wird.

Unsere civilisirten Zeitgenossen schauen in der Regel sehr vornehm auf diese alten Volkssitten herab, und dieser oft unbegründeten Kritik ist ihr wachsender Verfall zuzuschreiben. Aber das Volksgemüth wird nicht allein durch die großen Werke der Wissenschaft und der Industrie befriedigt. Auch dichten und träumen will es. Und aus den Volksfesten weht entschieden ein sinniger, poetischer Hauch. Behalten wir also lieb der Väter alte Bräuche, welche gerade in den einfachen Hütten mit kleinen Gaben aufrichtige Freude bereiten!

Aus der „Gartenlaube“ 1880

Der Gebrauch der Ostereier
Der Gebrauch der Ostereier ist ziemlich allgemein verbreitet. Die Sitte ist uralt, eine jener aus dem Heidenthum stammenden Ueberlieferungen, welche das Christenthum später mystisch gedeutet hat. Ursprünglich war das Osterei das Symbol der neuerwachenden fruchtbaren Natur, die Kirche deutete es in folgender Weise: das Ei ist das Symbol der Hoffnung; diese Hoffnung besteht darin, daß der Keim, der in demselben ruht, zur Welt kommen werde, oder das Gefühl, das bei der Feierlichkeit des Osterfestes, dem Gedenktag der Auferstehung Christi, erwacht, ist die Hoffnung unserer eigenen künftigen Auferstehung. Das Schenken von Ostereiern, wie es in früheren Zeiten beinahe überall und noch jetzt an vielen Orten unter Verwandten und Freunden Sitte ist, gilt als Pfand dieses religiösen Glaubens.

Unter Ludwig XIV. und XV. brachte man nach der Ostermesse Körbe mit vergoldeten Eiern zum König in sein Kabinet, der sie unter die Hofleute vertheilte. Die Eier, die sich die Vornehmen gegenseitig schenkten, waren nicht selten werthvolle Kunstgegenstände. So bewahrt das Versailler Schloß in der Antikensammlung der Bibliothek zwei Ostereier, die Madame Victoire, der natürlichen Tochter Ludwig’s XV., gehörten. Die darauf befindlichen Bilder sind von der Hand Watteau’s gemalt und stellen ein junges Schäfermädchen vor, das von Räubern angefallen, später aber von Soldaten befreit wird, welche es zu dessen Eltern heimbringen. – Der russische Kronschatz bewahrt gleichfalls ähnliche Kunstprodukte in Form von Ostereiern in Porcellan, gemalt, vergoldet und mit eingelegten Perlmutterzieraten und sinnbildlichen Inschriften verziert.

Aus der „Gartenlaube“ 1887

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